St. Bonifatius Wiesbaden

Gärten in der Bibel

GemeindebriefPhilippe Jaeck

„Garten“ in der Bibel symbolisiert die lebensfreundliche Ordnung Gottes, die in die Welt lebensfeindlicher Unordnung hineingebracht ist. Die Gartenbilder kommen in der Bibel vom Anfang bis zum Ende vor, sie sind Orte der Selbsterkenntnis und der Gotteserfahrung.

Wenn wir an einen Garten denken, haben wir schön gepflegte Blumen, Sträucher und Bäume vor Augen. Menschen investieren viel Arbeit in einen Garten und finden dabei viel Freude. Ein eingezäunter Garten ist ein besonderer Lebensraum für sich, abgegrenzt von der anderen Welt. In so einem Garten kann der Mensch sich geborgen fühlen.

„Garten“ in der Bibel symbolisiert die lebensfreundliche Ordnung Gottes, die in die Welt lebensfeindlicher Unordnung hineingebracht ist. Schon am Anfang der Bibel – im Buch Genesis – ist die Rede von einem Garten in Eden. (Das Wort „Eden“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „Wonne“, „Glück“. Wir sind mehr gewohnt, vom Paradies zu sprechen. Das Wort „Paradeisos“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Garten“.) Darin setzte Gott die Menschen, die er gemacht hat. In diesem Garten ließ Gott allerlei Bäume mit köstlichen Früchten wachsen. In der Mitte des Gartens wuchs der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. (vgl. Gen 2, 8;9) Weil Adam und Eva sich an die Ordnung Gottes nicht hielten, mussten sie das Paradies, den Ort der Geborgenheit bei Gott, verlassen. Aber auch dort, wo Gott sie weggeschickt hatte, um unter Mühsal zu leben, warteten auf sie Bäume und Pflanzen. Das sind Zeichen, dass Gott auch weiter mit den Menschen ist, auch wenn sie ihm den Rücken gekehrt haben.

Im Buch Jesaja wird das Volk Israel als der Weinberg des Herrn bezeichnet (vgl. Jesaja 5,7), und Gott selbst als Gartenbesitzer (Jes 61,11) Wenn Israel in Gottes Gegenwart nach seinen Weisungen lebt, ist es selbst als Volk ein fruchtbarer Weinstock. Wenn es sich aber abwendet von dieser Gegenwart, von Gottes Weisungen, von der Beziehungspflege mit Gott, dann hat dieses Verhalten die Verwüstung des Weinberges zur Folge.

In der Liebessprache des Hohenlieds ist der Garten nicht der Treffpunkt der Liebenden, sondern die Geliebte selbst wird zu einem Garten. Das Gartenbild schildert hier die intimste Liebeserfahrung eines anderen Menschen und auch Gottes:

„Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut,
ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell!
Die Quelle des Gartens bist du,
ein Brunnen lebendigen Wassers, das vom Libanon fließt.
Nordwind, erwache! Südwind, herbei!
Durchweht meinen Garten, lasst strömen die Balsamdüfte!
Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse von seinen köstlichen Früchten!
Ich komme in meinen Garten, meine Schwester Braut,
ich pflücke meine Myrrhe samt meinem Balsam,
ich esse meine Wabe samt meinem Honig,
ich trinke meinen Wein samt meiner Milch.
Esst, Freunde, trinkt, berauscht euch an der Liebe!“

Hhld 4,12;15-16, 5,1

Auch im Neuen Testament sind Gärten wichtige Orte. Jesus wurde im Garten Getsemani verraten (Mt 26, 47-56). In einem Garten in der Nähe der Kreuzigungsstätte hat man Jesus zu Grabe getragen (Joh 19,41). In diesem Garten begegnet Maria von Magdala dem Auferstandenen:

„Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt haben. Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast! Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.“

Joh 20, 13-16

Hier ist der Garten ein Ort der Liebesbegegnung zwischen dem menschgewordenen Gott Jesus Christus, der nach seinem Erlösungstod auferstanden ist, und dem Mensch – Maria von Magdala.

„In einem Garten ging die Welt verloren, in einem Garten wurde sie erlöst“ – so beschreibt Blaise Pascal den Fall und die Erlösung der Menschen. Der auferstandene Jesus Christus führt uns zurück zum Vater, zum Garten des ewigen Lebens.

Die Bibel endet mit einem großen Bild vom Lebensgarten in der Offenbarung des Johannes. In diesem Garten herrscht wieder die lebensfreundliche Ordnung Gottes. Im Paradies dazugekommen sind das Lamm – der Erlöser Jesus Christus-, wie auch die von ihm erlösten Menschen:

„Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer siegt, dem werde ich zu essen geben vom Baum des Lebens, der im Paradies Gottes steht.“

Offb 2,7

„Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er geht vom Thron Gottes und des Lammes aus. Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, steht ein Baum des Lebens. Zwölfmal trägt er Früchte, jeden Monat gibt er seine Frucht; und die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der Völker. Es wird nichts mehr geben, was der Fluch Gottes trifft. Der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt stehen und seine Knechte werden ihm dienen. Sie werden sein Angesicht schauen und sein Name ist auf ihre Stirn geschrieben. Es wird keine Nacht mehr geben und sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten und sie werden herrschen in alle Ewigkeit.“

Offb 22, 1-5

Sr. Katrina Dzene, Gemeindereferentin
Dieser Artikel wurde vom Heft „Bibel heute“, 2. Quartal 2008, inspiriert