St. Bonifatius Wiesbaden

Via San Gregorio Armeno – Die Gasse der Krippenmacher

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

„Also die Einteilung in Krippenliebhaber und Baumliebhaber ist, wie ich schon sagte, so entscheidend, dass sie meiner Meinung nach so wie Geschlecht und Blutgruppe in den Personalausweis eingetragen werden müssten!... Naja sonst entdeckt doch so ein armer Teufel vielleicht erst nach seiner Heirat, dass er sich mit einem Christbaummenschen zusammen getan hat, der ganz andere Weihnachtsgewohnheiten hat. Der Baumliebhaber hat in seinem Leben eine ganz andere Wertskala als ein Krippenliebhaber!“

(Luciano de Creszenzo, Also sprach Bellavista, Diogenes Verlag)

„Neapel sehen und sterben“, so formulierte es die Romantik, „Hort der organisierten Kriminalität“, so sieht es die Boulevardpresse, Neapel, eine Stadt der Gegensätze und der Verbindungen. Symbol für diese lebendige, chaotische Stadt mag der neapolitanische Palazzo sein, wo im „Piano nobile“, dem edlen Stockwerk, meist der erste und/oder der zweite Stock, Adlige oder Reiche wohnen, drunter und drüber aber auch Menschen aller Schichten. Neapel ist nicht in ein Klischee zu pressen, nicht nur Camorra und Pizza… Neapel liebt den Aberglauben genauso wie ihren Heiligen Gennaro/Januarius, auf die Verflüssigung seines Blutes sie jedes Jahr dreimal hoffen.

In der engen Altstadt Neapels spiegelt sich bis heute der Stadtplan der Antike. Drei Straßenschluchten durchziehen die Altstadt. Eine davon nennt der Volksmund „Spaccanapoli“, den Spalt von Neapel. Zwischen dem Spaccanapoli und der mittleren Schneise verläuft eine kleine Gasse, neben dem Kloster des Hl. Gregor des Armeniers, das ihr den Namen gibt. Die Gasse führt unter dem Kirchturm des Klosters durch, die Altstadt ist eng und dicht bebaut. Doch das eigentlich Besondere ist, dass sich hier Laden an Laden die Krippenmacher aneinander reihen. Die Weihnachtskrippe ist ein Teil neapolitanischer Identität. Sie unterscheiden zwischen Christbaum- oder Krippenliebhabern, denen sie gegensätzliche Lebensstile zuordnen. (siehe obiges Zitat!) Im mediterranen Raum ist es durchaus verbreitet, neben dem klassischen „Personal“: Maria und Josef, das Christkind, Hirten, Engel, die Drei Könige, noch andere zu gesellen: Bäuerinnen, die Hühner füttern, Handwerker, die hämmern und sägen, Bäcker, die Teig kneten, Wirte, die Bier und Wein ausschenken, Wirtshausgäste, die essen und trinken und viele mehr. Das gibt es nicht nur in Italien, man denke nur an die sog. „Santons“ in der Provence. Oft sind all diese Szenen des Alltags so vielfältig, dass man die eigentliche Krippenszene suchen muss. Aber das ist ja die Botschaft von Weihnachten: Gott kommt in unsere Geschichte, in unser Dasein, auch in unseren Alltag!

In den Auslagen der vielen Krippenmacher in der Via San Gregorio Armeno finden sich aber auch ganz besondere Hirtenfiguren, die „Pastori“! Da findet man u.a. die Queen, auch mal Angela Merkel, Obama, Trump, Politiker, besonders gern Fußballer oder auch beliebte Volksschauspieler wie Totò, vergleichbar unserem Heinz Rühmann. Auf dem Bild ist Pinocchio so ein „Pastore“, aber mit dem Gesicht von Totò! Diese Bevölkerung der Krippenszene ist in Neapel einzigartig. Doch, was uns vielleicht despektierlich, profaniert erscheint, zeigt aber auch, dass das Weihnachtsgeschehen nicht einfach Historie ist, sondern Gegenwart. Es hat mit unserem Leben hier und jetzt zu tun!

Pfr. Matthias Ohlig