St. Bonifatius Wiesbaden

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Weihnachten

Die Weihnachtsgeschichte des Alten Testamentes

Gemeindebrief, JugendlichePhilippe Jaeck

Bei dem Stichwort „Weihnachtsgeschichte“ denken wir sofort und ausschließlich an Herbergssuche, Stall, Kind in Krippe, Maria, Josef, Engel, Hirten und Schafe… Natürlich steht das im Lukasevangelium – Neues Testament!

Was ist das für eine Idee, die Weihnachtsgeschichte im Alten Testament zu suchen?

Gut, etwas vom üblichen Personal finden wir auch in der Geschichte des Alten Testamentes: Engel, Hirt und Schafe.

Der Hirte ist Moses. Als Baby ausgesetzt, im Palast aufgewachsen, Totschläger, Flüchtling. Eigentlich eine merkwürdige Gestalt.

Im Exil in Midian heiratet er eine Tochter des (heidnischen) Priesters Jitro. Er hütet dessen Schafe und Ziegen. Einmal treibt er die Tiere über die Steppe hinaus in die Wüste. Eigentlich unsinnig, denn in der Wüste gibt es kein Futter für die Tiere. Am Gottesberg Horeb sieht er ein merkwürdiges Phänomen. Da brennt ein Dornbusch, aber der verbrennt nicht!

Das muss er sich ansehen. Von diesem brennenden Dornbusch aus spricht der Engel des Herrn zu ihm und ruft ihn beim Namen.

Hier geht etwas Außerordentliches vor sich, hier führt etwas in eine andere Dimension, er muss seine Schuhe ausziehen, hier ist heiliger Boden!

Eine Geschichte, doch was hat das mit Weihnachten zu tun? Geduld, denn das Entscheidende kommt jetzt.

Auf dem heiligen Boden, im außerordentlichen Phänomen offenbart sich Gott! Er offenbart sich diesem merkwürdigen Moses. Er offenbart sich als ein Gott jenseits der üblichen Gottesgestalten, auf die der Mensch mit Opfern und Ritualen auf sich aufmerksam machen und immer wieder gnädig stimmen muss. Gott offenbart sich als ein Gott, der von sich aus auf die Menschen schaut und der hinhört.

Mehr noch, er steigt herab, um Befreiung zu bringen.

„Der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid. Ich bin herabgestiegen, um sie aus der Hand der Ägypter zu entreißen…“ (Exodus 3,7.8a)

Hier in dieser Offenbarung eines Gottes, der gerade nicht der „Unbewegte Beweger“ (der die Schöpfung zwar in Bewegung gebracht, aber der Schöpfung nur unangerührt gegenüber steht) ist, sondern dem seine Schöpfung, seine Menschen nicht egal ist. Ein Gott der da ist: „Da antwortete Gott dem Mose: ich bin, der ich bin“ (Exodus 3,14a). Ein Gott, der den Moses „zum Befreier macht“, ein Moses, der sich seiner Unzulänglichkeit wohl bewusst ist:

„Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte?“ (Exodus 3,11) Hier zeigt sich Gott, als Einen der da ist, unsere Wege mitgeht: „Er aber sagte: ich bin mit dir…“ (Exodus 3,12a ).

Das ist Weihnachten!

In der Menschwerdung Gottes im Menschen Jesus vollendet sich in unüberbietbarer Weise sein Herabsteigen! Er kommt mitten in unser Menschsein hinein. Jetzt wird er sogar selbst zum Akteur! Damit wird der Auftrag an Moses für uns universal.

„Mach's wie Gott, werde Mensch!“ wie unser verstorbener Altbischof Franz Kamphaus formuliert hat.

Der brennende Dornbusch als Urbild der Krippe von Bethlehem wurde zwar nicht im theologischen Mainstream, aber doch immer wieder in der Frömmigkeit, besonders im Osten, gesehen. Auch in der Kunst, wie in unserem Bild, der Mitteltafel eines dreiflügeligen Altarbildes in der Kathedrale von Aix-en-Provence von Nicolas Froment, und in Ikonen wurde dieser Gedanke immer wieder aufgegriffen.

Es gibt die Weihnachtsgeschichte im Alten Testament!

Pfr. Matthias Ohlig
Foto: Von Nicolas Froment - The Yorck Project (2002) 10.000 Meisterwerke der Malerei (DVD-ROM), distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. ISBN: 3936122202., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=151103