St. Bonifatius Wiesbaden

Heilige(r) (Stätte) des Monats

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

Der 9. November…

… ist für uns Deutsche ein besonderes Datum:

  • 1848 scheiterte mit der Erschießung des Demokraten Robert Blum die Bürgerliche Revolution

  • 1918 begann die sogenannte Novemberrevolution zum Ende des Ersten Weltkrieges

  • 1923 der Hitler-Ludendorff-Putsch in München, dessen Scheitern Hitler nur kurz verhindern konnte

  • 1938 brannten in dieser Nacht in Deutschland die Synagogen

  • und nicht zuletzt fiel 1989 die Berliner Mauer!

Für uns und nicht nur für uns hat dieses Datum noch eine weitere Bedeutung:

Wenn wir fragen, welche Kirche die wichtigste Kirche der Römisch Katholischen Christenheit ist, dann wird meist die Antwort lauten: der Petersdom in Rom!

Sicher ist dieser imposante Kirchenbau mit den großen päpstlichen Zeremonien ein wichtiger Ort. Doch mitnichten ist der Petersdom die wichtigste Kirche!

PAPALIS ARCHIBASILICA PATRIARCHALIS MAIOR CATHEDRALIS ARCIPRETALIS SANCTISSIMI SALVATORIS ET SANCTORUM IOHANNIS BAPTISTAE ET EVANGELISTAE APUD LATERANUM; OMNIUM VRBIS ET ORBIS ECCLESIARUM MATER ET CAPUT

Päpstliche Erzbasilika, patriarchalische und erzpriesterliche große Kathedrale des heiligsten Erlösers und der Heiligen Johannes, der Täufer und Evangelist, zum Lateran, aller Kirche der Stadt und des Erdkreises Mutter und Haupt!

Die, kurz so genannte, Lateranbasilika ist die wichtigste Kirche der römisch-katholischen Christenheit.

Sie ist die Kathedrale (Bischofskirche) des Papstes. Der Petersdom ist, um es sehr salopp auszudrücken, eher die Privatkapelle des Papstes bei seiner Residenz.

Ihr Weihetag wird am 9. November gefeiert. Das ist also unser universales Kirchweihfest!

Der Name „Lateran“ rührt wohl daher, dass das Areal im 2. Jahrhundert einem Titus Sextius Magius Lateranus übereignet worden war. Diesen Namen behielt diese Gegend, in der Kaiser Konstantin hier in der Nähe des Palastes seiner Mutter Helena die größte seiner von ihm gestifteten Basiliken bauen ließ. Die beiden anderen über den Apostelgräbern von Petrus und Paulus lagen außerhalb der Stadt. Dies ist bis heute im Namen „St. Paul vor den Mauern“ ersichtlich. Die Lateranbasilika liegt innerhalb der Stadtmauern (die ja bis heute existieren).

Es ist nicht ganz geklärt, wann der Lateran zum Sitz des Papstes wurde. Bis ins Mittelalter residierten die Päpste im Lateran. Eine große Palastanlage gesellte sich zur Basilika.

Die Ära des Lateran als Sitz des Papstes endete mit dem „Exil in Avignon“ und dem großen Papstschisma (zwei, zuletzt sogar drei Päpste gleichzeitig!). Als der Papst endgültig nach Rom zurückkehrte, wählte er den Vatikan als neue Residenz. Dies hatte ganz praktische Gründe. Zum Einen war inzwischen der Papstpalast im Lateran höchst marode geworden und zum Anderen war der Vatikan inzwischen durch Mauern geschützt, nach außen, aber auch zur Stadt hin, denn die Päpste gerieten oft in Konflikt mit den störrischen Römern. Es mag auch die Symbolik, das Petrusamt am Petrusgrab, eine Rolle gespielt haben.

Auch die altehrwürdige Lateranbasilika war baufällig geworden. In der Renaissance begannen die Instandsetzungsarbeiten. Dies ist heute besonders im Querschiff und an der Kassettendecke erkennbar. In der Barockzeit sollte mit dem großen Architekten Francesco Borromini eine generelle Umgestaltung der Kirche vorgenommen werden. Geldmangel führte dann aber zum Abbruch der Arbeiten. Was hätte werden können, lässt die grandiose Gestaltung des Hauptschiffs und der Seitenschiffe erahnen. Die letzte Veränderung erfuhr die Basilika Ende des 19. Jahrhunderts, als der Papst die ursprüngliche Apsis (das Halbrund hinter dem Altar) nach hinten versetzen ließ, um einen Chor für die Kanoniker, die Erzpriester des Lateran, zu schaffen. Da sich im Laufe der Zeit die Stadt Rom stark verändert hat. Während der Kaiserzeit war das Gebiet um den Lateran das, was in Wiesbaden der Sonnenberg ist. Die Gebiete am Tiber waren für Repräsentation bestimmt und boten viel Freifläche. Diese wurden dann nach der Völkerwanderung deshalb besiedelt und der Bevölkerungsschwerpunkt verlagerte sich in dieses Gebiet. Der Bereich um den Lateran blieb bis ins 18. Jahrhundert fast entvölkert. Deshalb gab es erst im späten 18. Jahrhundert eine prachtvolle Fassade. Zuvor war die Fassade des rechten Querschiffes, die wenigstens zur Stadt hin zeigte, der Ort der Benediktionsloggia, der Ort der Spendung des Segens Urbi et Orbi!

Zum Komplex des Lateran gehören noch ein achteckiges Baptisterium (Taufkirche) und die „Sancta Scala“, die „Heilige Stiege“, die Treppe, auf der Jesus zu Pilatus gestiegen und die von Helena nach Rom gebracht worden sein soll. Oberhalb der Treppe ist die frühere Pestkapelle Sancta Sanctorum, die die wichtigsten Reliquien enthielt und den, nach der Sixtinischen Kapelle, wichtigsten Freskenzyklus in Rom. An der Außenwand befindet sich auch der letzte Rest des alten Lateranpalastes: die Apsis des Tricliniums, des Speisesaales mit einem stark restaurierten Mosaik.

Im 18. Jahrhundert wurde an die Basilika ein neuer Palast angebaut, der heute päpstliche Behörden und eine kleine Zweigstelle der Vatikanischen Museen beherbergt.

Pfr. Matthias Ohlig