St. Bonifatius Wiesbaden

Vergissmeinnicht! Vergiss mein nicht!

GemeindebriefPhilippe Jaeck

Liebe Gemeinde, immer wieder wird auf Gräbern Vergissmeinnicht gepflanzt, wie eine Erinnerung, eine Mahnung oder ein Wunsch: Vergiss mein nicht! Wenn ich dann über unsere Friedhöfe gehe, fallen mir immer wieder Gräber auf, die offensichtlich vergessen wurden, nicht gepflegt werden. Beim genauen Hinschauen wundert mich manchmal, dass die Beisetzung erst wenige Monate oder Jahre her ist. Und schon vergessen? Ist die Geschäftigkeit des Alltags größer geworden als die Erinnerung? Die Gründe für die fehlende Grabpflege können sehr vielfältig sein: Es gibt keine Angehörigen oder sie wohnen im Ausland und für einen Grabpflegevertrag ist kein Geld da. In anderen Fällen ist aufgrund einer besonders schwierigen Situation in der Familie der Gang zum Grab unerträglich. Ich weiß, wie unterschiedlich die einzelnen Trauersituationen sein können. So sollten wir uns davor hüten, ausbleibende Grabpflege in irgendeiner Weise zu beurteilen.

Bei einigen dieser Gräber wird es aber auch so sein, dass die Verstorbenen wirklich schnell vergessen wurden.

Und sind wir mal ehrlich: Wenn wir nicht etwas ganz Besonderes geleistet haben, wird in spätestens 150 Jahren kein Mensch mehr an uns denken, von uns erzählen. Auch wir sind bald schon vergessen. Unsere Gräber sind dann abgeräumt. Kein Stein, kein Kreuz, die noch unsere Namen tragen und an uns erinnern. Haus und Wohnung, wo wir lebten, sind längst umgebaut und von Fremden bewohnt. Nichts erinnert mehr an uns!

Auf vielen Friedhöfen steht ein großes Kreuz. Und das stand schon von Anfang an auf dem Friedhof und wird noch dort stehen, wenn unser Grab abgeräumt und durch jüngere Menschen belegt wird. Dieses Kreuz macht uns deutlich, dass unser Leben nicht erst hier auf der Erde beginnt und endet, sondern dass es eingebettet ist in etwas viel Größeres, das wir wohl kaum erfassen können. Da gibt es etwas, das größer ist als unsere irdischen Geschichten, Beziehungen und Erinnerungen.

Da ist einer, der meinen Namen in seinen Händen trägt, der meinen Namen in seine Hand gezeichnet hat – unauslöschbar – für alle Zeit. (siehe Jesaja 43,1 ff. und Jesaja 49,14 ff.)

Vergissmeinnicht – „Vergiss mein nicht, wenn Du in Dein Reich kommst“, bat der Schächer am Kreuz. Und Christus sagt ihm auf den Kopf zu: „Noch heute wirst Du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,33 ff.). Da ist kein „Das ist nicht so einfach!“, kein „Zuerst musst Du aber …“, kein „Hast Du es denn verdient?“. Nein – da ist nur die Zusage: „Noch heute wirst Du mit mir im Paradies sein!“

Er vergisst uns nicht. Er ist bei uns mit seiner Zusage.

Jetzt im November erinnern wir uns an diese Zusage, wenn wir auf den Friedhöfen die Gräber unserer Angehörigen segnen, die wir in Gottes Händen wissen (Sonntag, 6. November 15 Uhr Nord- und Südfriedhof).

Und ganz besonders erinnern wir uns an diese Zusage, wenn wir am Donnerstag, den 10. November um 12:30 Uhr, in St. Bonifatius in einer ökumenischen Feier gemeinsam mit der Teestube wieder der verstorbenen Obdachlosen unserer Stadt gedenken und sie der Liebe Gottes anvertrauen.

Zu all diesen Terminen sind Sie herzlich eingeladen! Sollten Sie nicht teilnehmen können, ist es Ihnen vielleicht möglich, diese Gottesdienste im Gebet zu begleiten.

Andreas Schuh, Gemeindereferent