St. Bonifatius Wiesbaden

Gottesdienst

Zu einer Zeit, als der Besuch von Gottesdiensten strafbar war….

Gemeindebrief, Aus dem Leben der PfarreiKatarzyna Klöckner

Anders als in der Nachbarstadt Mainz hatte es die katholische Kirche in Wiesbaden schwer, sich zu behaupten

Wir können davon ausgehen, dass es bereits 800 Jahre vor der Reformation im 16. Jahrhundert in Wiesbaden eine lebendige katholische Gemeinde gab. Dafür sprechen unter anderem Fundamente in Basilikaform aus dem 8. Jahrhundert, die bei Ausgrabungen nach dem Brand der Mauritiuskirche gefunden wurden.

1540 bestimmte der zum Protestantismus übergetretene Graf Philipp sein Bekenntnis zur Religion seiner Grafschaft. Das führte dazu, dass selbst Taufen von Kindern katholischer Eltern nur vom lutherischen Pfarrer vollzogen werden durften, und die Zahl der in Wiesbaden ansässigen Katholiken ständig abnahm. Gottesdienste konnten sie allenfalls in Frauenstein, das zu Kurmainz gehörte, mitfeiern. Lediglich den katholischen Kurgästen bewilligten die Nassauer Herren ab 1715 Messfeiern in Wiesbaden. Diese wurden dann von Mainzer Pfarrern oder von zur Kur weilenden Priestern gelesen. Aus dem Jahr 1746 ist bekannt, dass einheimische Teilnehmer des katholischen Pfingstgottesdienstes zu Geldstrafen verurteilt wurden. Ein hierzu beauftragter Anwohner hatte die Namen aller Besucher notiert.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts baten Vertreter des katholischen Bevölkerungsteils den regierenden Fürsten wiederholt um die Erlaubnis, eine Gemeinde mit eigenem Pfarrer zu gründen. 1775 wurde das „privat Exercitium ihrer Religion“ unter strengen Auflagen zugelassen. Dadurch wurde zumindest die Teilnahme an den für Kurgäste gehaltenen Gottesdiensten in der Sommerzeit ermöglicht. 1788 folgte die Genehmigung, Gottesdienste auch im Winter zu feiern. 1791 durfte hierzu ein eigenes Bethaus genutzt werden. Am 12. April 1800 bewilligte dann Fürst Karl-Wilhelm zu Nassau mit einem 21 Paragraphen umfassenden Decret den „römisch-katholischen Unterthanen und Einwohnern unserer Stadt Wiesbaden und deren Gemarkung“ endgültig „die Ausübung des römisch-katholischen Gottesdienstes“. Ausschlaggebend war, dass sich Graf Franz-Philipp von Walderdorf 1799 bereit erklärt hatte, die Bezahlung des künftigen Pfarrers sicherzustellen.

Es dauerte jedoch noch über ein Jahr, bis nach Ankauf des Gasthauses “Zum Rappen” als Kirche und Pfarrhaus der erste eigene Pfarrer auf Vorschlag des Grafen Walderdorf ernannt und somit die Gründung der neuen Gemeinde vollendet wurde.

Die Gemeinde wuchs sehr schnell, sodass im Jahr 1821 eine erste, 1841 eine zweite Kaplanstelle eingerichtet wurde. Die Kirche im Hof des Rappen war längst zu klein geworden, die Mehrzahl der Gläubigen musste die Gottesdienste im Freien mitfeiern. Aber der Neubau der großen Kirche war wohl zu übereilt geplant: Kurz vor seiner Vollendung 1831 stürzte der Bau in sich zusammen. Es dauerte weitere 18 Jahre, bis die heutige Bonifatiuskirche 1849 eingeweiht werden konnte.

1876 gab es erneut einen herben Rückschlag für die Gemeinde: Die Regierung hatte bestimmt, dass die alt-katholische „Fraktion“ das Kirchengebäude mitbenutzen sollte. Eine gemeinsame Verwendung ließ die Überzeugung der römisch-katholischen Wiesbadener jedoch nicht zu. So musste von 1876 bis 1886 wieder mit einer Notkirche vorlieb genommen werden.

Allen widrigen Umständen zum Trotz blühte die katholische Gemeinde Wiesbadens jedoch weiter: 1884 wurde in der Friedrichstraße ein Josephs-Spital eingeweiht, das 1892, als das St. Josefs-Hospital an seinem heutigen Ort den Betrieb aufnahm, in „Hospiz zum Hl. Geist“ umbenannt wurde. 1904 folgte ein Waisenhaus für Mädchen (Michaelsheim) und 1907 das Johannesstift. Auch beim Kirchbau waren die Katholiken nicht untätig: Als Filialkirchen konnten 1895 die Maria-Hilf-Kirche und 1912 die Dreifaltigkeitskirche eingeweiht werden. Nunmehr hielt Bischof Augustinus die Zeit für gekommen, die große Wiesbadener Gemeinde aufzuteilen. Am 30. September 1913 ordnete er – unter genauer Angabe der Pfarrgrenzen - die Teilung in drei selbständige Pfarreien und gleichzeitig die Gründung eines Gesamtverbandes an. 

Johannes Hilse

Bild oben: Wiesbaden, Kupferstich 1. Hälfte 19. Jh. Verlag und Druck Bokelmann's Kunstverlag, Frankfurt am Main, wikimwdia.org/wikipedia/commons

Bild unten: Panoramische Ansichten der vorzüglichsten Haupt- und Residenzstädte, ca. 1859 wikimedia.org/wikipedia/commons @SLUB Dresden