Der Beginn als „Amnesty-Freundeskreis St. Bonifatius“
Werner Bardenhewer, der damalige Stadtdekan, und die Organistin Marlene Kempin waren die Initiatoren unserer Amnesty-Gruppe. Sie weilen nicht mehr unter uns. Aber wir hören ihre Herzen schlagen.
Von Stufe zu Stufe, von Klippe zu Klippe geworfen, begannen die beiden mit der Arbeit für die Menschenrechte, um den leidenden Menschen, den Gefolterten, den Inhaftierten, den ihrem „Ich“ Beraubten, ihre Würde und Freiheit zurückzugeben.
Ein Donnerwort zur rechten Zeit
Durch das Apartheid-Regime ausgesprochene Todesurteile gegen sechs junge Südafrikaner im Sommer 1982 sind der unmittelbare Anlass:
In den Predigten der Sonntagsgottesdienste weist der Stadtdekan auf die Menschen- rechte verachtende Situation hin. Unter- schriftenaktionen und Gnadengesuche werden gestartet und verfasst: Das Schiff „Amnesty-Freundeskreis St. Bonifatius“ nimmt unverzüglich Fahrt auf. Auf der Brücke: Marlene Kempin.
Briefe gegen das Vergessen
„Bist du noch Mensch?“
Marlene Kempin widmete sich in intensiver Weise dem Aufbau eines Eil-Appell-Netzes von Menschen, die regelmäßig Appell-Briefe schreiben. Noch heute wirken einige von ihnen mit.
Ob „Twittern“ so erfolgreich sein kann, wie ein Waschkorb voller Petitionslisten und Appell-Briefen, per Telegramm, Fax oder mit der Post ausgeschüttet vor der Bürotür eines Botschafters, wage ich zu bezweifeln.
Umfangreiche Briefaktionen, die taktische Speerspitze von Amnesty International, werden erforderlich bleiben. Es bedarf der Briefe schreibenden Akteure, um die Furcht der Verfolgten vor der Rechtlosigkeit zu mildern, der Angst vor der Auslöschung des eigenen Ich, zur Nummer hinter Gefängnis- mauern und Gitterstäben herabgewürdigt zu werden. „Wo das Alleinsein keiner Seele begegnet…“
Plätzchenbacken als Lockerungsübung für unsere Arbeit
Um die am Horizont stehenden drohen- den Schatten des Amnesty-Alltags für ein paar Tage im Jahr zu vergessen (Heiterkeit kommt auf), backt auf Marlene Kempins erdachte Dramaturgie die jeweilige Besat- zung vom Ursprung her zu Weihnachten Plätzchen, die einen gewissen Ruf rund um den Erdball erlangt haben. Die Einnahmen finanzieren einen Teil unserer Arbeit.
Die Zeit drängt – an jedem Tag
Lieber Werner (B) - liebe Marlene:
Mit „Volldampf“ (Zitat Werner B) begann Eure vielfach gefächerte Amnesty-Arbeit am Standort St. Bonifatius.
Unter diesem Motto wollen auch wir uns weiterhin für die Achtung der Menschenrechte einsetzen.
Unsere kleine Geburtstagsfeier am Samstag, 22. Oktober 2022
„Du musst die verstümmelte Welt besingen!“
Nach der Abendmesse um 18:00 h werden im Wechsel Musikstücke und Texte aus den Ländern zu Gehör gebracht, für die sich die Amnesty-Gruppe an St. Bonifatius bis heute einsetzt. Herzliche Einladung für eine Stunde der Gemeinsamkeit und Ihrem Interesse an unserer Arbeit.
An der Orgel: Dr. Johannes Schröder
Rezitator: Arnim Nufer
Anmerkung
Um die Wegstrecke unserer Arbeit bei Amnesty International intensiver zu verdeutlichen, benutzte ich poetische Bilder aus:
Friedrich Hölderlins Schicksallied (3. Strophe); tragische Poesiesentenzen des in einem sowjetischen Straflager umgekommenen jüdisch-ukrainischen Dichters Wassyl Stus (1938-1985), sowie die 6. Verszeile aus dem Poem des Polen Adam Zagajewski (1945-2021), „Versuch’s, die verstümmelte Welt zu besingen.“
Thomas Stahlheber
Spendenkonto für Amnesty International:
IBAN: DE23 370205000008090100
Verwendungszweck: Gruppe 1165