Bei der heutigen Ausgabe mogeln wir etwas, denn Heinrich Seuse ist nach kanonischem Recht kein Heiliger. Er wurde 1831 seliggesprochen, doch die Heiligsprechung steht noch aus. Dies ist aber durchaus zu verzeihen, da auch die Seligen eine wichtige Rolle spielen.
Das Leben und Wirken Heinrich Seuses ist von der Mystik geprägt. Die Mystik ist eine Form der Religiosität, die mit Betrachtungen, tiefem Gebet und einem strengen asketischen Leben Gotteserfahrungen sucht. Ihren Höhepunkt hatte sie im 13. und 14. Jahrhundert. Aber auch in der Neuzeit und heute hat die Mystik einen festen Platz in den Religionen.
Heinrich Seuse wurde am 21. März 1298 in Konstanz geboren. Schon mit 13 Jahren trat er dem Dominikanerorden bei. Er studierte Theologie und Philosophie in Konstanz und Straßburg und ging schließlich 1323 nach Köln. Dort wurde er Schüler von Meister Eckhard, dem wohl bekanntesten Mystiker des Mittelalters. Die Beziehung zu seinem Lehrer war stets eng und vertraut. Nach seiner Zeit in Köln wirkte er in Konstanz als Lektor und Prior, war Prediger und Seelsorger. In den Quellen wird oft davon berichtet, dass er ein hohes Einfühlungsvermögen hatte und sich auf Menschen einlassen konnte, die nicht an Gott glaubten. Er musste 1338 seine Heimat aufgrund des Investiturstreits verlassen und ging in die Schweiz. Dort war er Verfolgungen ausgesetzt, so dass er schließlich 1348 in dem Dominikanerkloster in Ulm eine Bleibe fand, wo er am 25. Januar 1366 verstarb.
Neben seinem Eifer für die Seelsorge, der Predigt und Verkündigung des Glaubens, lebte er streng asketisch. Er verzichtete auf Nahrung und übte sich in ständiger Meditation über das Leiden Christi. Es wird von vielen Visionen berichtet, die er hatte. In seinem bekanntesten Werk „Das Büchlein von der ewigen Weisheit“ hält er die Betrachtungen fest. Das Buch ist zu einem Standardwerk der Mystik geworden und war im 14. und 15. Jahrhundert ein weit verbreitetes Andachtsbuch. Dort wird die Frage gestellt, welche Übung und Lebensweise denn die Wahre wäre. Seuse schreibt dazu: „Halte dich abgeschieden von Menschen; bewahre deine Fantasie vor zerstreuenden und abirrenden Gebilden; bewahre dich unabhängig von allem, was nur der Zufall verleihen kann; erhebe dein Gemüt und erhalte es allezeit in steter, stiller, vertraulicher Richtung auf Gott.“ (Heinrich Seuse, Das Büchlein von der ewigen Weisheit, 22. Kapitel).
Können uns diese Zeilen heute etwas sagen? In einer Welt, die immer dynamischer und komplexer wird, die durch Moden und Schnelllebigkeit geprägt wird, bietet die stille vertrauliche Sicht auf Gott eine gewaltige Quelle an Kraft und Hoffnung. Genau das meinte Seuse und hat auf sie sein ganzes Leben ausgerichtet. Somit zeigt sich die Aktualität auch heute und sollte uns zur Frage anregen, was in unserem Leben eigentlich wirklich wichtig ist.
Herzlichen Glückwunsch an alle Heinrichs!
Kurzinformation
Gedenktag: 25. Januar
Gregor Mathey, Diakon