St. Bonifatius Wiesbaden

Caritas

Was Caritas im Kleinen Großes leistet

Caritas, GemeindebriefPhilippe Jaeck
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Im September liegt traditionell der Caritas-Sonntag, dieser wird somit zu einem Monat der gelebten Nächstenliebe. Denn Caritas ist die wertschätzende, helfende Liebe. Die Liebe unter uns Menschen einander, wie wir sie von Gott erfahren. Sie ist die wesentliche christliche Tugend, die sich in mannigfaltigen kleinen und großen Taten jeden Tag zeigt und institutionalisiert ist in Organisationen wie eben der Caritas oder Diakonie.

Uns erreichte eine bewegende Geschichte, die beispielhaft zeigt, wie aus einer kleinen Handreichung aus Nächstenliebe für einen Menschen Großes wird (oder erwächst).

Mit dem Ende des Krieges vor 75 Jahren begannen Flucht und Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus dem Osten in den Westen. Als kleiner Junge erlebte ich den Transport im Güterwagen, das Flüchtlingslager in Jena, einen Bauernhof in Hassenhausen in Sachsen-Anhalt, damals Sowjetische Besatzungszone. Nicht überall waren Heimatvertriebene willkommen.

1947 kam ich mit meiner Mutter und meiner Schwester in ein Dorf im Taunus, wohin mein Vater schwer verletzt aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war. Kurz nach der Währungsreform sollte ich zur ersten heiligen Kommunion gehen, besaß aber keinen Anzug, den ich angeblich unbedingt brauchte. Überraschend bekam ich einen Anzug – gekauft in Frankfurt auf der Zeil und bezahlt von der CARITAS. Es war ein Anzug, wie damals für Jungen bei der Erstkommunion üblich, mit kurzen Hosen, nicht in blau, sondern in einem Grauton, der gut in den Alltag, in jeden Tag also, passte. Ein Jahr später bei der Firmung passte mir der Anzug gerade noch. Zum ersten Mal hörte ich damals das Wort „Caritas“, und seither verbinde ich CARITAS mit dem geschenkten Kommunionanzug und bedanke mich. Vergelt’s Gott!

Aus der Predigt zur Caritas-Kampagne 2020

Liebe Schwestern und Brüder!

Würden Sie von sich sagen, dass Sie ein „Gutmensch“ sind? Vermutlich nicht. Mindestens würden die meisten sagen, dass sie versuchen, gute Menschen zu sein. Was aber stört dann am Wort „Gutmensch“? 2015 wurde es immerhin zum Unwort des Jahres gekürt und war bereits 2011 auf Platz zwei gelandet. In der Begründung der Jury hieß es, dass mit diesem Wort Toleranz und Hilfsbereitschaft als naives, dummes oder weltfremdes Helfersyndrom diffamiert werden. Was aber ist schlecht und weltfremd daran, tolerant und hilfsbereit zu sein? Wo kämen wir hin, wenn es keine guten Menschen gäbe?!

Ohne die sorgenden Nachbarn, die sich um ältere Menschen nebenan kümmern; ohne die Mitarbeitenden, die in der Bahnhofsmission Beistand leisten; ohne die ehrenamtlichen Bürgermeister, die ihr Dorf mitgestalten wollen; ohne die vielen jungen Frauen und Männer, die sich national und international für soziale Zwecke engagieren; ohne die vielen Helferkreise, die Flüchtlinge unterstützen. Alle diese Menschen sind bereit, Anderen Gutes zu tun, sich zu engagieren und dort zu helfen, wo Hilfe benötigt wird.

Das sind Menschen, die etwas bewegen wollen und auf die Straße gehen, um gegen Unrecht zu protestieren oder beispielsweise für eine konsequente Klimapolitik zu kämpfen. Sie sind gute Menschen, weil sie nicht bei sich stehen bleiben, sondern ihr Handeln am Wohl anderer ausrichten. Manche gehen deshalb auch in die Politik, lassen sich in die Parlamente wählen oder übernehmen ein Regierungsamt. Und die meisten von ihnen tun das, um wirklich etwas Gutes für die Menschen zu erreichen. Nicht zuletzt aber denke ich bei guten Menschen an die vielen, die aus ihrer inneren Haltung und Überzeugung heraus einen Beruf gemacht haben. …

Sei gut, Mensch!“ lädt dazu ein, selbst aktiv zu werden. Das heißt, Menschen beizustehen, die Unterstützung brauchen, ganz konkret und auch politisch. Und sich entschieden gegen Hass und Ausgrenzung zu wehren. Damit setzt die Kampagne ein Zeichen dafür, dass wir es nicht hinnehmen, dass „gutes Handeln“ herabgesetzt und diffamiert wird. Dabei geht es nicht um einen moralischen Zeigefinger; vielmehr wollen wir ermutigen, das zu leben, was wir von Gott her sind: gut! …

Nicht zuletzt deshalb sollten wir es uns nicht nehmen lassen, gute Menschen zu sein. Gerade vielfältige Gesellschaften wie unsere sind darauf angewiesen, dass Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und tatkräftige Antworten auf die Frage geben, wie wir zusammen leben wollen – sei es in ihrer Freizeit oder in ihrem Beruf…

Liebe Schwestern und Brüder! Ich bin sehr froh um diese Jahreskampagne „Sei gut, Mensch!“. Zum einen, weil sie darauf hinweist, wie viele gute Menschen es in unserer Gesellschaft gibt, die sich die Nöte anderer zu Herzen gehen lassen und handeln. Und zum anderen, weil wir damit eine klare Botschaft senden, dass es gut ist, ein guter Mensch zu sein.

Prälat Dr. Peter Neher,
Präsident des Deutschen Caritasverbandes